Bereits in
meinem letzten Blog-Artikel habe ich mich kritisch mit der Zunft der Personalberater beschäftigt. Dies hat zum Teil recht kontroverse Diskussionen hervorgerufen, sowohl von Personalern als auch von Personalberatern. Heute lasse ich meine Meinung im Hintergrund und lasse drei Experten/in zu Wort kommen. Alle drei haben unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema "Personalberater", da jeder einen etwas anderen Hintergrund hat.
Viel Spaß mit dem ersten Teil meines Interviews mit meinen Blogger-Kollegen/in Ina Ferber (
Employerreputation), Henrik Zaborowski (
hzaborowski) und Stefan Scheller (
Persoblogger)
Bitte stellt euch kurz in 2-3 Sätzen vor uns sagt meinen Lesern, was euch mit dem Thema „Personalberater“ verbindet.
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Ina Ferber, Ferber Personalberatung |
Ina Ferber: Am 1. Oktober habe ich die
Ferber Personalberatung gegründet, nachdem ich vier Jahre Director Central Europe der Personalberatung und Employer Branding-Agentur von Monster Worldwide war. Mit Monster vollzog ich damals meinen Wechsel in die Beratung nach 9 Jahren im Human Resources Management.
Als Recruiterin, HR-Managerin und Personalleiterin war ich immer Kundin von Personalberatern. Ich kenne also die Kunden- und die Beraterperspektive und ich weiß, dass ein Personalberater eine wichtige Unterstützung sein kann, aber manchmal auch großen Schaden anrichtet.
Henrik Zaborowski: Ich war 12 Jahre lang selber hauptberuflich Personalberater. Durch meine letzte Erfahrung als interner Recruiter für eine Unternehmensberatung habe ich auch die „andere“ Seite kennengelernt. Vor allem auch die Anrufe / emails von Personalberatern/-vermittlern mit der Anfrage für eine Zusammenarbeit. Offen gesagt hat mir die Entwicklung der „Personalvermittlerbranche“ in den letzten Jahren den Spaß an dem Personalberaterjob verdorben. Qualität wird immer weniger gefragt, der Markt ist auf der Anbieterseite völlig überlaufen. Ich habe meine Aktivität als Personalberater daher deutlich runtergeschraubt und übernehme nur noch ausgewählte Aufträge oder vermittle rein aus meinem Netzwerk.
Stefan Scheller: In meiner Funktion als Verantwortlicher für die Arbeitgebermarke und das Personalmarketing bei der DATEV eG in Nürnberg bin ich täglich mit Anbietern von HR-Dienstleistungen im Kontakt und entscheide über einzugehende Partnerschaften. Oftmals werden neben Leistungen im Bereich Online-Unternehmensprofil, Stellenanzeigen und Lebenslaufdatenbank weitergehende Dienste im Bereich Recruiting angeboten.
Woran liegt es eurer Meinung nach, dass der Markt der Personalberater in Deutschland überschwemmt und sehr unübersichtlich ist?
Ina Ferber: Das ist eine gute Frage. Es gibt große, globale Player in der Branche. Sie könnten durch Unternehmenszukäufe oder durch einen Preiskampf kleine Anbieter aus dem Markt drängen. Eine Konsolidierung wäre naheliegend, doch sie findet nicht statt.
Meiner Meinung nach ist der Markt so zersplittert, weil insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sich schlanke Personalberatungen wünschen. In großen Beratungshäusern kommt es zwangsläufig zu einer Aufgabenteilung. Meist akquirieren Partner Neukunden und weniger erfahrene Berater bearbeiten anschließend die Projekte. Doch genau das lehnen viele Auftraggeber ab. Denn das Vertrauen basiert auf einer persönlichen Beziehung: Die Beraterin oder der Berater kennt und versteht den Kunden, hat Einblick in die Kultur, nimmt sich Zeit und kann so die gewünschte Qualität liefern.
Viele Kunden wünschen sich, dass der Berater, den sie engagiert haben, den Auftrag von A bis Z bearbeitet. Das können nur kleinere Personalberatungen garantieren. Deswegen sind sie bei vielen Auftraggebern so beliebt und überleben neben den großen Anbietern.
Dazu passt gut, dass viele Berater „Quasi-Aussteiger“ sind. Sie haben im Konzern Karriere gemacht oder waren Geschäftsführer im Mittelstand und dann hat im Alter von 40 oder 50 die Gesundheit nicht mehr mitgespielt. Oder der Jobverlust, vielleicht auch nur die berühmte „Midlife-Crisis“ zwang sie zu Veränderung. In dieser zweiten Karriere geht es oft nicht mehr um Aufstieg und maximales Wachstum. Es geht darum, einen sinnvollen Beitrag zu leisten, ganz persönlich. Und genau diesen persönlichen Beitrag, diese unmittelbare Beziehung und Aufmerksamkeit wünschen sich kleine und mittlere Unternehmen. So bleibt der Markt „unübersichtlich“, weil genau dieser Markt den Bedürfnissen von Kunden und Beratern entspricht.
Henrik Zaborowski: Personalberatung kann eigentlich jeder. Wobei wir jetzt unterscheiden müssten, was ist jetzt „Beratung“, was „Vermittlung“, was „Head Hunting“ etc. Aber in der Praxis ist das eigentlich egal. Bis auf das wirklich gehobene Segment (Top Positionen im großen Mittelstand und Konzernen) ist der Rest des Marktes für jedermann zugänglich. Und daher auch überschwemmt. Unübersichtlich wahrscheinlich deswegen, weil sich die Leistungen nicht wirklich unterscheiden. Alle machen am Ende das selbe: Menschen von A nach B bringen. Wie ist zweitrangig. Mehr dazu in meiner Antwort auf die nächste Frage.
Ina, du hast dich gerade im Bereich der Personalberatung selbständig gemacht. Warum hast du den Schritt in diesen scheinbar so übersättigten Markt gewagt?
Ina Ferber: In den letzten Jahren habe ich mit vielen Personalleitern und Geschäftsführern gesprochen, ob nun als Sprecherin von Monster Worldwide auf Messen und Kongressen oder als Beraterin in intensiven, langjährigen Kundenbeziehungen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen beklagen, dass sie im Recruiting keine kompetente Unterstützung erfahren. Einerseits sind sie vom Fachkräftemangel besonders stark betroffen, denn meist haben sie keine starke Arbeitgebermarke und eher unattraktive, ländliche Standorte. Andererseits haben sie das Gefühl, dass viele Personalberatungen eher an Großkonzernen interessiert sind und kleinere Firmen als Kunden nicht schätzen. Deswegen bin ich überzeugt, dass der Markt nur scheinbar übersättigt ist. Tatsächlich gibt es für die größte Arbeitgebergruppe, für die KMU, nicht ausreichend passende Angebote. Ich möchte dabei helfen, diese Lücke zu schließen.
Woran liegt es eurer Meinung nach, dass es subjektiv sehr viele schwarze Schafe in dieser Branche gibt? Jeder den man fragt, kennt in der Regel höchstens einen Personalberater mit dem er gute Erfahrungen gemacht hat, aber mindesten 3-4 Personalberater, welche einen sehr schlechten Eindruck hinterlassen.
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Stefan Scheller, Personalmarketing bei DATEV |
Stefan Scheller: In erster Linie mache ich dafür die Tatsache verantwortlich, dass die Dienstleistung theoretisch von Jedem ausgeübt werden kann. Eine Internetplattform ist heutzutage mit dem entsprechenden Kapital im Hintergrund schnell aufgebaut. Daten sind einfach zugänglich, so dass sehr schnell behauptet werden kann, man habe x-tausend potenzielle Bewerber in seinen Datenbanken und Pools. Über die Qualität der Daten spreche ich hier lieber nicht, denn meist ist das sehr enttäuschend.
Viel spannender ist das persönliche Netzwerk eines Personalberaters. Echte, bestenfalls persönliche Kontakte sind wesentlich überzeugender. Insofern lieber branchenspezifische aktive 500 Top-Kontakte als eine Unzahl anonymer Datenleichen.
Zum anderen denke ich, dass die qualitativ hochwertige Arbeit eines Personalberaters heute wesentlich aufwändiger und komplexer geworden ist als früher. Das liegt daran, dass die Unternehmen selbst wesentlich mehr Möglichkeiten des Active Sourcings haben. Oder zumindest theoretisch hätten. Hier das notwendige zusätzliche Ad-on zu leisten, das seinen Preis wert ist, kann nur über eine höchst kundenspezifische Beratung und viel Einfühlungsvermögen in die jeweilige Arbeitgebermarke des Auftraggebers erreicht werden. Und das kann eben nicht jeder.
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Durch leicht zugängliche Netzwerke wie XING sinken die Eintrisshürden für potenzielle Personalberater. |
Henrik Zaborowski: Naja, vor allem an dem leichten Marktzugang, wie ich oben schon sagte. Personalvermittlung (von „Beratung“ möchte ich in den meisten Fällen eher nicht sprechen) ist ein unkompliziertes Geschäft (geworden). Die Einstiegshürden sind extrem niedrig. Im Zweifel brauche ich nur den Xing Talent Manager oder Zugang zu sonstigen Online Lebenslaufbörsen / -datenbanken – und dann kann es losgehen. Ein hart erarbeitetes Netzwerk oder Marktkenntnisse haben nicht mehr den gleichen Wert wie früher.
Dann fehlen nur noch die Kunden. Aber auch das ist kein Problem mehr. Nachdem viele Unternehmen noch vor Jahren hohe Summen für Personalberater ausgegeben haben, ohne die Stelle besetzt zu bekommen, haben die Kunden den Spieß jetzt umgedreht.
Die meisten Vermittler arbeiten inzwischen 100% erfolgsabhängig oder nur mit einem kleinen Retainer. Da kann ich als Kunde auch mal schnell fünf oder mehr Vermittler „ins Rennen schicken“. Damit haben wir aber vier Vermittler auf dem Markt, die denken, sie haben eine Daseinsberechtigung - die sie eigentlich nicht haben. Früher hätten sie keinen Auftrag bekommen und hätten das Geschäft nach ein paar Monaten wieder eingestellt. Jetzt rennen sie halt allen Aufträgen hinterher, die sie kriegen können. In der Hoffnung, mal einen zu besetzen. Was meistens auch klappt, irgendwann. Sie überleben also knapp und nehmen den nächsten erfolgsabhängigen Auftrag an, rennen wieder etc. Wer so arbeitet, kann logischerweise nicht seriös und verlässlich arbeiten. Daher auch der Eindruck, es gäbe so viele schwarze Schafe. An der Entwicklung der Branche haben die Kunden auf jeden Fall eine große Mitschuld. Sie ernten, was sie gesät haben – zum Leidwesen der Kandidaten.
Stefan, du wirst als Personalmarketing-Verantwortlicher bei DATEV und gleichzeitig Blogger relativ häufig mit Anfragen von Personalberatern konfrontiert. Was ist dein Eindruck der Qualität und Seriosität der meisten Personalberater?
Stefan Scheller: Da erlebt man so einiges, Tim. Zum Glück ist es weniger die Seriosität der möglichen Partner, die mir Sorgen macht. Hier habe ich mittlerweile ein ganz gutes Gespür dafür, wer zu uns passt. Unseriöse Anbieter fallen bereits im Vorfeld so stark aus dem Rahmen, dass eine weitere Kontaktaufnahme oder gar ein persönliches Gespräch nicht stattfindet. Aufgrund der Vielzahl der Anfragen gehe ich sehr selektiv vor.
Was die Qualität der Personalberater angeht, so kann ich vorab sagen: Größe bzw. Bekanntheit des Anbieters ist nicht zwangsläufig ein Qualitätsmerkmal. Außerdem wird der Erstkontakt meist durch einen stark vertrieblich orientierten Mitarbeiter durchgeführt. Ich bin mir nicht sicher, ob das so gut ist, denn oftmals habe ich das Gefühl, dass die HR-spezifischen Kundenbedürfnisse dabei auf der Strecke bleiben, wenn die Unterschrift auf einem Auftrag so sehr im Zentrum des Interesses steht. Das schlägt sich oft auch in der Wortwahl bzw. bei den vom Personalberater ausgesuchten Beispielen nieder. Wer es hier nicht schafft, die Kundenwünsche (gegebenenfalls schon vorab) herauszuarbeiten, der erschöpft sich schnell im Aufzählen von Referenzen oder oberflächlichen Versprechen zur Effizienz bzw. der Verkürzung von Fill-In-Zeiten.
Der zweite Teil dieses Interviews folgt in Kürze hier.
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Habe leider erst gerade den Artikel gelesen und mir direkt mal die Seite hier abonniert... ;-)
AntwortenLöschenIch muss Herrn Zaborowski Recht geben. Wirkliches Head-Hunting findet nur auf höchster Ebene statt. Darunter ist der Markt letztendlich für jeden offenen der über die richtigen Kontakte verfügt und entsprechend sich dann als Personalberater- oder Vermittler selbstständig macht. Leider ist dies ja auch kein geschützter Beruf, bei dem man eine entsprechende Qualifikation vorweisen muss.