Schlechte Candidate Experience schadet langfristig mehr als man denkt - ein Rechenbeispiel

Angeregt durch einen digitalen Austausch mit Marcel Rütten und ein paar weiteren Experten/innen möchte ich hier mal ein wenig zum Thema Candidate Experience äußern.


Bewerber werden deutlich sensibler - und das im positivsten Sinn. Sie sind sich bewusst, dass sie ein hohes Gut sind und gefragt auf dem Markt sind. Sie führen deutlich mehr Vorstellungsgespräche als früher und haben ein anderes Selbstbewusstsein in ihrer Rolle.


Dies führt in Summe dazu, dass sich Bewerber auch sehr deutlich merken, wenn man sich in einem Bewerbungsgespräch nicht wertschätzend behandelt fühlt.

Ich kenne viele Bewerber und sehe es auch in meiner eigenen Vita, dass gewisse Unternehmen bei mir auf Grund von schlechten Erfahrungen und Unprofessionalität im Bewerbungsprozess auf meiner Blacklist stehen. Da werde ich mich nie wieder bewerben.




Klingt alles nicht so schlimm aus Sicht von Arbeitgebern, aber in einer Zeit, wo der Personalbedarf immer größer wird und die Verbleibsdauer von Mitarbeitern in Unternehmen ist der Effekt extreme.


Ich habe hier mal ein Szenario durchgerechnet, welche Auswirkung dies auf ein Unternehmen haben könnte.




Folgende Annahmen:
  • Das Unternehmen hat eine konstante Fluktuation von 5%
  • Das Unternehmen hat einen steigenden netto Personalbedarf von +1% p.a.
  • Das Unternehmen vergrault 2 Bewerber pro Einstellung
  • Das Unternehmen hat 1.000 Mitarbeiter
  • Es gibt potenzielle 10.000 Kandidaten, welche von den Qualifikationen passen könnten
  • Die Anzahl der potenziellen Kandidaten sinkt jedes Jahr um 1%
Hier folgen nun die Daten, die ich für 20 Jahre linear berechnet habe, aufgrund der oben genannten Annahmen. In Summe sind es noch recht konservative Annahmen, welche natürlich vereinfacht sind.





Was erkennen wir hier?
  1. Nach 9 Jahren gibt es schon mehr frustrierte Bewerber, als das Unternehmen Mitarbeiter hat.
  2. Die Anzahl der potenziellen Kandidaten sinkt deutlich schneller (mehr als doppelt so schnell), wenn das Unternehmen Bewerber frustriert. (siehe unten noch einmal schöner visualisiert)
  3. So oder so wird der Kandidatenmarkt geringer durch den demografischen Wandel und andere Faktoren.
Veränderung der Anzahl der potenziellen Kandidaten:



Wer jetzt immer noch nicht versteht, was er mit einer schlechten Candidate Experience anrichtet, dem ist nicht mehr zu helfen. Auch, wenn die Zahlen natürlich von den Annahmen abhängen, so sind diese Annahmen noch durchaus optimistisch getroffen und bei manchen Unternehmen und in manchen Branchen sieht es deutlich noch dramatischer aus.



Die Zahlen sind so eindeutig, dass es kaum noch Argumente geben kann, hier nicht zu investieren. Hierbei spreche ich in erster Linie von einem sauberen Candidate-Experience-Tracking. Bei meinem aktuellen Arbeitgeber messen wir seit rund einem Jahr permanent und 2 Jahren Ad-hoc die Candidate Experience. Die Ergebnisse sind so unglaublich wertvoll.



Also: Hopp-Hopp der erste Schritt muss getan werden.




//Bild von Alan O'Rourke CC2.0 via Flickr











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