Warum Candidate Experience noch nicht oberste Priorität hat

Ziemlich genau vor 6 Jahren auf den Tag genau habe ich meinen ersten Blog-Artikel zur Theorie der Candidate Experience veröffentlicht. Nach wie vor der am häufigsten gelesene Artikel auf meinem Blog. Vor etwas mehr als 3 Jahren habe ich mein Buch zu diesem Thema finalisiert. Man könnte jetzt meinen, dass die Arbeitgeber das Problem erkannt haben und alle ihre Candidate Experience so weit optimiert haben, dass dieser Punkt überhaupt nicht mehr auf der Agenda steht. Leider nein.
Eine aktuelle Studie aus den USA, bei welcher mehr als 3000 Führungskräfte im Recruiting nach deren obersten Prioritäten befragt wurden, kam zu folgenden Ergebnissen:


Abb. 1 Most important initiatives; Quelle: montagetalent.com
Das Thema Candidate Experience steht auf Platz 1 der wichtigsten Initiativen, die genannt wurden, mit deutlichem Abstand vor der nächsten Initiative "Diversity & Incultion" (vgl. Abb. 1).  Das klingt doch schon einmal ein wenig positiv.


Abb. 2 Improving the Candidate Experience; Quelle: montagetalent.com

Gleichzeitig sieht man, dass an diesem Thema schon von rund 50 % der Befragten gearbeitet wird. Anscheinend also nicht genug.


Es ist zwas nicht aus Deutschland, jedoch sehe ich viele Überschneidungen zum deutschen Markt. Da Deutschland in solchen Themen meistens den USA ein paar Jahre hinterher hinkt, kann man davon ausgehen, dass das Thema in wenigen Jahren bei uns das Top-Thema sein wird. Laut aktueller ICR Studie, ist das Thema zwar wichtig, aber liegt immer noch hinter Themen wie u.a. Social Media Recruiting.


Dabei zeigen uns sämtliche Daten, dass es kein anderes Thema gibt, bei dem der Stellhebel so groß ist, wie beim Thema Candidate Experience. Viele Unternehmen verlieren >50% der potenziellen Bewerber, wegen zu umständlicher Bewerbungstools. Du glaubst das nicht? Lass es nachmessen!

Eine miese Candidate Experience hat eine extrem lange Nachwirkung - wie ich selbst am eigenen Leib erfahren konnte. Ich habe vor ca 7 Jahren eine äußerst unangenehmen Bewerbungsprozess erlebt - diese Firma ist für mich immer noch Tabu. Selbst viele Jahre später kann ich mich immer noch in Rage reden, wenn ich daran denke. Vielleicht war auch meine Leistung dort nicht gut; vielleicht hat es nicht gepasst - aber ein Punkt dabei ist sehr wichtig und den viele Unternehmen vergessen: auch ein unpassender Bewerber kann ein passender Multiplikator sein.

Zukünftig sollten sich Unternehmen tunlichst von dem Gedanken verabschieden, dass eine tolle Arbeitgebermarke automatisch zu genug Bewerbungen führt - die richtigen Multiplikatoren, die über die Candidate Experience oder Employee Experience berichten werden einen viel größeren Einfluss bekommen. Dabei geht es nicht um Kandidaten-Weichspülen, sondern Wertschätzung und Professionalität. So, wie wir es auch bei unseren Kunden machen würden.

So lange wir dieses Thema nicht als Prio-1 ansehen, wird unsere Candidate Experience immer scheitern. Budget, Headcount, Expertise und Tools - diese 4 Dinge (die natürlich zusammenhängen) benötigen wir. In den USA hat man dies anscheinend schon erkannt - dann wird es Zeit, dass es hier auch der Fall ist.

Stellt euch euren Bewerbern! Messt eure Candidate Experience! Spätestens dann ist der Business Case auch sehr einfach, um die richtigen Rahmenbedinungen zu schaffen, um Bewerbern eine positive Candidate Experience zu geben. Auch, wenn nicht jede Maßnahme teuer sein muss...

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